Cookst du, Louis!

Bayerntrainer Louis Van Gaal und seine Truus würde er liebend gerne in sein New Yorker Restaurant „Wallsé“ einladen. Über seine Liebe zum FCB und das Geheimnis seiner Erfolges in Manhattan: Starkoch Kurt Gutenbrunner bei seinem kulinarischen Auswärtsspiel in seiner Heimat Linz.

Unter dem Patronat von Eckart Witzigmann fand vom 12. bis 17. April 2010 das zweite Culinary Art Festival in Linz statt. 16 Starköche aus aller Herren Länder, erlesen dekoriert mit insgesamt 14 Michelin Sternen und 33 Gault Millau Hauben, darunter Hans Haas, Alvin Leung, Steffen Henssler, Bobby Bräuer und Alfons Schuhbeck, ließen die Herzen der Feinschmecker höher schlagen. Mit dabei auch der 45 jährige Österreicher Kurt Gutenbrunner.

Sein Abend im Restaurant „Fesch“ des Hotel Mariott in Linz ist ausgebucht. Das Sechs-Gang-Menü a la Gutenbrunner hat seinen Preis. Stolze € 179 muss man hinblättern, wenn man Taschenkrebs mit marinierten Gurken, warm geräucherten Wildlachs mit Spargel und Kaviar, kanadischen Hummer mit Saubohnen und Rhabarber, Erbsenravioli mit Morcheln, Milchlamm mit Artischocken und Buttermilchcreme mit Champagnersuppe und grünem Apfelsorbet speisen will.

Hier kommt Kurt! Und 200 Gäste reißen sich darum, ein Ticket für diesen Abend zu ergattern. Der österreichische Exportartikel Marke Gutenbrunner ist bestens bekannt in der Region: Schließlich ist er hier geboren. Wallsee heißt das kleine Örtchen, ein paar Kilometer von Linz entfernt, in dem er aufwuchs. Den Gutenbrunner gibt es nicht alle Tage und schon gar nicht für 179 Euro.

Wer bei ihm dinieren will, muss normaler Weise nach New York reisen und sollte zudem zeitig reservieren. Denn Gutenbrunners Lokale dort sind mehr als angesagt. Über 18.000 Speiselokale gibt es in Manhattan. Die Restaurantszene gilt als die kompetitivste der Welt. Mit Schnitzel, Blutwurstgröstel, Tafelspitz und Apfelstrudel hat Gutenbrunner den Big Apple erobert. In kürzester Zeit.

Sein erstes Restaurant, das „Wallsé“, eröffnete Gutenbrunner im Jahr 2000. Ein Jahr später ermunterte ihn – trotz fataler Wirtschaftslage nach 9/11 – Multimilliardär und Mitbegründer der Neuen Galerie New York, Ronald Lauder, ein traditionelles Wiener Café zu eröffnen. Heute kann es schon mal passieren, dass man an der Fifth Avenue in einer Schlange steht und auf Einlass wartet, ehe man im Café Sabarsky eine Sachertorte mit Schlag und einen großen Braunen genießen kann. 2005 kam das Wirthaus „Blaue Gans“ dazu. Seit der Eröffnung seiner Wein-Bar „The Upholstery Store“ im Jahr 2009 gibt es für New Yorker Promis eine neue Droge: Grüner Veltliner made in Austria! „One Grooner please!“ – so wird der Weißwein in New York geordert – findet reißenden Absatz im West Village. „Grooner wird’s nicht“ titelte folglich ein österreichisches Wirtschaftsmagazin in einem Beitrag über Gutenbrunners Erfolge in New York.

Da steht er also, Gutenbrunner himself. Er lacht viel, ist freundlich, kommt extrem locker und jugendlich rüber. Schon nach ein paar Sätzen wird einem klar, dass er auch seiner Personality wegen erfolgreich ist. Die Initialen KG sind in seine weiße Kochtracht eingestickt. Ein ehemaliger Lehrling aus Münchner Zeiten verrät grinsend, dass dies unter Mitarbeitern auch für „keine Gnade“ stand. Über 200 Angestellte arbeiten heute unter KG. Streng sei er als Chef, aber zugleich äußerst humorvoll and very charming erfahren wir via Telefon von seiner Assistentin aus New York. Witzig und irgendwie auch stylisch, trotz Küchenkluft: Bunte Ringelsocken blitzen unter Gutenbrunners Kochhose hervor. Einen Hut trägt er auch. Er mag Hüte. Am liebsten trägt er die Modelle von Designer Paul Smith. Vier Lokale hat er. Auch vier Kinder, aus zwei Ehen. Die Frauen sind fort, „sein Ein und Alles“ aber, die Kids, sind ihm geblieben und leben mit dem Papa unter einem Dach.

Auf der Bahnfahrt von Wien nach Linz hat er im Zug sein BlackBerry liegen lassen. Das mache ihn zwar sehr nervös, schenke ihm aber auch viel Zeit und Ruhe und so konnte er die Tage in Linz bald genießen. „Das Culinary Art Festival ist eine grandiose Veranstaltung. Ich habe hier viele ehemalige Kollegen aus der Szene wieder getroffen.“ Außerdem speiste er fünf Tage lang wahlweise beim „Warmen Hans“ oder „Leberkäs Peppi“, konnte seinen Eltern einen Besuch abstatten und nach getaner Arbeit mit anderen Köchen in der Lennox Bar fachsimpeln und bis in die Puppen feiern.

Auf die Frage nach dem Geheimnis seines Erfolges meint Gutenbrunner, der mühelos Englisch und Deutsch in einem Satz vermischt: „Ich glaube an Klassiker. Wie ein Musiker spiele ich das, was die Leute hören wollen. Aber ich lasse mir dabei genug Raum für Experimente.“ Diese ergeben dann bisweilen neue Klassiker – wie etwa geschmortes Kaninchen mit Spätzle und Rosenkohlblättern – einer in Manhattan mittlerweile legendären Vorspeise. Außerdem setzt der Österreicher auf Qualität: „Ein gutes Wiener Schnitzel kann ein kleines Kunstwerk sein, wenn du Quality mit Passion kombinierst. Ich bin Koch aus Leidenschaft. Meine Mitarbeiter wähle ich auch nach diesem Kriterium aus. It’s all about Passion. Ohne Leidenschaft passiert wenig Spektakuläres im Kochtopf.“

10 Jahre nach der Eröffnung seines ersten Lokals und einen Michelin Sterne später, sind die Lokale Gutenbrunners in New York zu Institutionen geworden. Zahlreiche Künstler und Promis geben sich bei ihm die Klinke in die Hand. Er hält sich aber bedeckt mit Namen, denn der Reiz liege, so Gutenbrunner, im „Nichtsehen und Nichtgesehen werden“. Sean Penn etwa, Elton John, Gisele Bündchen, Beyonce, Harvey Keitel, Helmut Lang, Björk, Lou Reed, Natalie Portmann und Ute Lemper kommen regelmäßig, weil man bei Gutenbrunner nicht nur gut, sondern – ohne Presserummel – auch relaxt essen kann.

Wen wundert’s da noch, dass Gutenbrunner selbst langsam aber sicher zu den New Yorker Promis zählt. Der überaus erfolgreiche zeitgenössische Maler und Filmemacher, Julian Schnabel, Freund und Stammgast erster Stunde, hat ein großformatiges Porträt von ihm gemalt, das im „Wallsé“ neben Bildern von Dennis Hopper und Martin Kippenberger an den weißen Backsteinwänden hängt. Wie er zu dieser Ehre kam? Schnabel hätte ihn immer schon malen wollen, und eines Tages habe er aus dem Atelier angerufen und gesagt, er solle mal rüberkommen. Das Licht sei gerade so gut.

Bevor er nach New York auswanderte, lebte Kurt Gutenbrunner etliche Jahre in München, arbeitete im Tantris, später im Bistro Terrine und schließlich im Mangostin. Vor allem die Zeit im drei Sterne Tempel Tantris hätte ihn wesentlich beeinflusst und nachhaltig inspiriert. Zum Oktoberfest kommt er gelegentlich eingeflogen, um alte Freunde zu besuchen. Außerdem outet sich Gutenbrunner als glühender FC Bayern Fan. „Ich versuche im TV alle Spiele der Bayern live zu verfolgen. Van Gaal macht das gut. Ich würde ihn gerne in mein Restaurant einladen, falls er mit seiner Gattin Truus einmal in New York sein sollte. Und den Arjen Robben kann er auch gleich mitbringen!“