Kitzbühel - Ein Streifzug
Unmittelbar vor dem Rennwochenende ist in Kitzbühel allerdings jedermann willkommen. Auch die Zimmerpreise sind richtig günstig. Ein echter Geheimtipp für Skifans, denn zu sehen gibt es auch in den Tagen vor den Rennen bereits genug.
Johanna Stöckl war für die tz München vor Ort.
Seit Montag kreisen die Helikopter ab den frühen Morgenstunden über der Gamststadt. Materialtransport an und um die Rennstrecke ist angesagt. Auf der legendären Streif selbst tummeln sich ab 7 Uhr morgens freiwillige Helfer, Mitglieder des örtlichen Skiclubs und zahlreiche Soldaten des österreichischen Bundesheeres, um der Piste den letzten Schliff zu verpassen. Böse Zungen, die behaupten, Österreich sei dieser Tage nicht verteidigungsbereit, da sämtliche Soldaten in den Kitzbühler Bergen fürs Hahnenkammrennen arbeiten, irren. Gerade dieses Jahr brauchte man, aufgrund der guten Schneelage insgesamt deutlich weniger Soldaten als in manch anderem Jahr, erklärt Elmar Mayr, der seit vielen Jahren als freiwilliger Helfer an der Piste arbeitet und in frühen Jugendjahren sogar einmal als Vorläufer auf der Streif starten durfte. Die Rennstrecke sei seit Wochen in einem Top-Zustand. Der kurze Wärmeeinbruch der vergangenen Tage hätte ihr zwar minimal zugesetzt, sei aber durchaus reparabel, da es in der Nacht immer friert.
Der tz Test von Johanna Stöckl
Als gebürtige Österreicherin und begeisterte Skifahrerin bin ich die Streif schon mehrmals runter gefahren. Allerdings immer ein paar Wochen nach dem Rennen. Im Race-Zustand allerdings präsentiert sich die legendäre Abfahrt auch für einen ambitionierten Skifahrer beinahe unbezwingbar. Als ich die Verantwortlichen des Orgateams um die Erlaubnis bettle, die Strecke einmal abfahren zu dürfen, erklärt man freundlich, dass dies eigentlich nicht erwünscht ist. Weil dies der Strecke schadet, es obendrein zu gefährlich sei, man nicht wüsste, wie gut ich auf meinen Skiern stehe und weil meine Kanten das nicht hergeben.
Um mich zu überzeugen drückt man mir ein paar Rennski – jene von ZDF Experten Marco Büchel – in die Hand, an deren Kante ich mir beim bloßen Drüberfahren den linken Zeigefinger aufschneide. Nach einer halben Stunde Winseln bekomme ich die Erlaubnis die Streif abfahren zu dürfen und zugleich richtig Schiss.
Der Blick aus dem Starthaus ist furchterregend. Der steile Startschuss ist extrem vereist. Hier kann ich unmöglich einen Bogen setzen. Eine Schussfahrt wäre tödlich. Die ersten Meter rutsche ich also seitwärts ab. Mit Skifahren hat das nichts zu tun. Hier bloß nicht fallen, sonst ende ich im Fangzaun! Erst nach der gefährlichen Mausefalle kann ich meine Ski wieder lenken.
Wobei: Innerhalb der blauen Zone, also der Ideallinie, zu bleiben, fällt schwerer als man denkt. Wie gesagt, die Piste ist viel steiler als im Fernsehen, derart hart und eisig, dass man sich kaum halten kann. Nach dem ersten Training höre ich Stimmen von Weltcupfahrern, die von einer - bei relativ milden Temperaturen – eher „weichen“ Piste sprechen. Die spinnen doch! Was ist dann bitte eisig? Die Kurven, vor allem im Bereich Steilhang und später auf Höhe der Seidlalm sind derart eng und hängend, dass es mir mit ca. 40 km/h schon schwer fällt, sie überhaupt zu kriegen. Wie man dies mit weit über 100 Sachen meistern kann, ist mir ein Rätsel. Von den Sprüngen (Mausefalle, Hausbergkante) ganz zu schweigen.
Bereits im ersten Training fliegen die Männer an beiden Kanten an die 80 Meter! Was richtig Spaß macht: Die Speedpassage durch den Lärchenschuss. Allerdings nur, weil ich vorher ein paar kurze Bögen mache und das Tempo drastisch drossele. An der Hausbergkante öffnet sich eine tolle Aussicht Richtung Zielgelände. Aber nur wer so langsam ist wie ich, kann diesen Blick genießen. Obwohl ich bis hierher mehr oder weniger aufrecht die Piste abgefahren bin, spüre ich bereits meine Oberschenkel. Nach der Kante geht es wieder derart steil nach unten, dass ich an einer besonders eisigen Stelle etliche Meter im Pflug fahren muss. Ich finde keinen Halt, eiere hier rum wie ein Anfänger.
Ins Ziel schließlich rausche ich in extremer Hocke. Zum ersten Mal fühle ich mich gut und sicher. Weil’s vorbei ist.
Kurzinterview Marc Girardelli
Was führt dich nach Kitzbühel?
MG Ich bin jedes Jahr hier, quasi ein Kitzbühel Stammgast. Mit Kunden und Partnern aus der Wirtschaft bin ich unter anderem auf einem großen Event beim Stanglwirt. Und natürlich schaue ich mir alle Rennen live an.
Was hält Marc Girardelli von den deutschen Slalomfahrern, insbesondere von Neureuther und Dopfer?
MG Ich habe die beiden überaus sympathischen Burschen schon lange beobachtet. Heuer sind beide gleichzeitig in zwei Disziplinen in die Weltspitze aufgerückt. Wirklich tolle Leistung von beiden. Jetzt fehlt nur noch die Abfahrt, aber auch da gibt es schon tolle junge Läufer, die heuer leider früh eine Verletzung hinnehmen mussten.
Werden die deutschen Speed-Jungs auf sich aufmerksam machen können?
MG Aber sicher. Ich glaube, dass die Leistungen von Dopfer und Neureuther auch alle anderen stark motivieren. Da geht ein richtiger Ruck durch das deutsche Team.
Wer sind Deine Favoriten für die drei Rennen?
MG Im Super G keine Schweizer, dafür Kröll und Svindal
In der Abfahrt sind meine Favoriten Kröll, Svindal und Innerhofer. Und im Slalom Hirscher, Neureuther und Kostelic.
Seit Einführung des alpinen Skiworldcups 1967 bist Du mit 7 Siegen in Kitzbühel der erfolgreichste Skifahrer dort und als dreifacher Hahnenkamm-Sieger (Kombination) auch Träger der Hahnenkamm-Nadel in Gold mit Brillanten. High Society Stelldichein, Business-Plattform, Premium-Sportevent - was macht das Flair des Hahnenkamm-Rennens so besonders?
MG Die Gefährlichkeit der Rennstrecke, die Optik vom Ziel aus und das ganze Drumherum. Kein Ort versteht es so brillant ein Sportgroßereignis zu präsentieren wie Kitzbühel.
Aufgeschnappt Claudia Waldbrunner
(Marketing und PR Verantwortliche von Kitzbühel Tourismus)
„Felix Neureuthers Sieg in Wengen ist für uns Toursimusverantwortliche in Kitzbühel ein Traumergebnis. Wir erwarten viele Fans aus Deutschland. Als Österreicher feuern wir natürlich im Slalom unseren Marcel Hirscher an. Aber ich drücke auch Felix Neureuther die Daumen. Er ist ja nicht nur bei euch in Deutschland, sondern auch in Österreich extrem beliebt. Er spricht die Jugend an. Neureuther ist ein Glücksfall für den Skisport. Erfolgreich, fesch, cool, frech, lebenslustig. Typen wie er und Hirscher tun der Skiszene und dem gesamten Wintertourismus gut.“