"Länkwillig würd's da nia"
Als uns Rafaela und Peter Hoeck-Domig in der Lobby mit den Worten „Willkommen in der schönsten Sackgasse der Welt“ begrüßen, versprechen die beiden lachend Wetterbesserung. Das Direktorenehepaar beweist nicht nur Optimismus, sondern auch Stil. Wie aus dem Ei gepellt, farblich aufeinander abgestimmt stehen sie da und laden uns nach einem köstlichen Begrüßungsdrink gleich auf eine exklusive Hotelführung ein, die uns verheißungsvoll stimmt.
Freitagnachmittag
Es schüttet aus Eimern. Ausgestattet mit Regenschirmen vom Hotel schließen wir uns einer kostenlosen, geführten Wanderung zur „Alpe Widderstein“ (1400 m) an. Ab Baad geht es durch das Bärgunttal ca. 40 Minuten sanft nach oben. Martina und Tom Egger, die jungen Wirtsleute der über 300 Jahre alten, ursprünglichen Sennhütte kredenzen Walser Brotzeitköstlichkeiten. Nach zwei Schnaps in der zauberhaften Stube sind Alltag und Regen komplett vergessen. Beim Abstieg zeigt sich, wenn auch kurz, unmittelbar vor uns, der höchste Berg des Kleinwalsertales, der mächtige Widderstein (2533 m). Caro und ich müssen die Tour dorthin wohl verschieben: Schnee auf dem Gipfel!
Samstag
Sie ist uns mit ihrem gewinnenden Lächeln auf Anhieb sympathisch. Ihre 70 Jahre sieht man ihr nicht an. Hedi Heim ist Wanderführerin mit „Liib ond Seel“ und erzählt uns auf einer dreistündigen Sagenwanderung ab Mittelberg durch das Gemsteltal Märchenhaftes aus dem Kleinwalsertal. Von Hedi erfahren wir bei unserer Einkehr außerdem Kurioses aus dem Kleinwalsertal, der österreichischen Enklave, die nur über Deutschland erreichbar ist: „Bis zur Euroumstellung haben wir hier mit Deutscher Mark, nicht mit Schillingen, bezahlt.“ Ein Jammer, dass wir im Hotel so üppig gefrühstückt haben, denn der Bergkäse, den die 38-jährige, fesche Sennerin Katrin hier oben auf der Alm „Bernhard’s Gemstel“ produziert, hätte es verdient probiert zu werden.
Ab 14 Uhr verliere ich Caro im 2.300 Quadratmeter großen Premium Spa des Hotels endgültig aus den Augen. Mein Highlight: der Außenwhirlpool. Caro hingegen schwärmt von einer „Alphaliege“, auf der sie in einen „gar göttlichen Klang-Wärme-Licht-Halbschlaf“ verfiel. Abends gönnen wir uns nach dem köstlichen Viergang-Menü einen Absacker an der Hotelbar und trauen unseren Augen kaum. Umringt von ein paar sportiven Leuten sitzt neben uns? Hans Kammerlander höchstpersönlich! Er gönnt sich – wie ich – nach dem Essen eine Genusszigarette auf dem Balkon vor der Bar. Dabei kommen wir ins Plaudern und erhalten eine überraschende Einladung: Caro und ich dürfen morgen mit auf seine Gruppentour: Über das Gottesacker-Plateau auf das Hahnenköpfle, einem Nachbargipfel des Hohen Ifen.
Sonntag
13 Achttausender hat er bestiegen. Seine Bücher habe ich verschlungen und jetzt darf ich mit Hans Kammerlander wandern! Helmut von der örtlichen Bergschule leitet die exklusive Tour und wählt eine spannende Route abseits des normalen Wanderweges, quer durch das stark zerklüftete Gottesackerplateau. Nach 2 Stunden reißt es auf. Am Gipfel gibt es ein Busserl vom Profialpinisten und ein Wahnsinns-Panorama! Elfer-, Zwölferkopf, Kanzelwand, Widderstein, sogar die Zugspitze kann man von hier oben am Horizont sehen. Als Helmut uns eine abweisende Flanke am Widderstein zeigt, die er im Winter bereits auf Ski abgefahren ist, bekommt sogar der Kammerlander große Augen: „Helmut, diese Steilwand fahren wir gemeinsam runter. Abgemacht?“ Sagt’s und nimmt just in diesem Moment seine Mütze mit dem aufgestickten Südtirol-Logo ab: „Ist wirklich schön hier bei euch im Kleinwalsertal“ sagt er und fährt grinsend fort „das darf ich zu Hause in den Dolomiten gar nicht laut sagen.“
Auf der Heimfahrt nach München geraten Caro und ich ins Philosophieren. Warum reizen uns die Berge? Sogar bei schlechtem Wetter? Was finden wir oben, was wir im Tal nicht haben? Unser Fazit nach drei wunderschönen Tagen im Kleinwalsertal: Wir steigen auf, um runterzukommen. Das klappt sogar bei Regen.