Ein perfektes Wochenende in Leogang
Eine Kehre noch auf der steilen Schotterstraße, dann bin ich angekommen im Paradies. Das Holzhotel Forsthofalm liegt auf 1050 Metern, hoch über Leogang. In der Lobby brennt Feuer im offenen Kamin. Zwei ältere Herrschaften sitzen davor, trinken Tee und lesen Zeitung. Beruhigend dieser Anblick. Als der junge Hotelier Markus Widauer mit den Worten „Willkommen auf der sinnlichsten Alm der Welt“ die Tür zu meinem hellen Zimmer öffnet, bin ich selig. Hier ist alles – und das riecht man – aus Holz: der Boden, die Wände, die Decke und jedes einzelne Möbelstück. Auch der Schaukelstuhl, der in der Ecke steht. Der erste Blick durch das Fenster ist überwältigend: Vor mir türmen sich die Gipfel der Leoganger Steinberge. Das Birnhorn, der höchste Berg der Gruppe, lacht mich förmlich an.
Späte Herbstssonne scheint auf meinen großzügigen Balkon. Nach einem selbst gemachten Holundersaft entscheide ich mich gegen Liegestuhl und Decke. Claudia, Kräuterfee des Hauses und Schwester des Hoteliers, hat mir einen viel versprechenden Tipp gegeben. Ich wandere durch das Ullachtal hinauf zum Naturdenkmal Birnbachloch. Bald betrete ich alpines, jedoch leichtes Gelände und passiere einen kleinen Gletscher. Auf Schautafeln erfahre ich, dass hier bis 1900 Eis abgebaut und per Eisenbahn in großen Blöcken nach München transportiert wurde, um das Bier der Brauerein zu kühlen. Sogar die Eisrutschen aus Holz sind teilweise noch erhalten. Nach 50 Minuten erreiche ich mein Ziel, das circa 20 Meter große Birnbachloch, eine Karstquelle, die einem unterirdischen See entspringt und vor mir in wunderschönen Kaskaden den Berg hinunterfließt. Ein magischer Ort, den man jedoch nach Schneefällen im Winter wegen Lawinengefahr meiden sollte. In der Dämmerung steige ich ab und freue mich auf das Abendessen im Hotel.
Es ist so warm, dass ich mitten im November auf der Hotelterrasse frühstücken kann. Wehmut und Vorfreude mischen sich beim Anblick der Talstation des Almliftes am Asitz, welcher von hier aus in ein paar Schritten zu erreichen ist. Bald wird hier alles weiß und der Skilift in Betrieb sein. Entsprechend will ich meine Wanderung auf die Lindlalm, welche längst geschlossen hat, genießen. Während der Sommermonate zieht es viele Wanderer herauf, weil es hier den besten Kaiserschmarrn der Welt gibt. Über die Adamalm geht’s zurück zur Knappenstube, die noch geöffnet hat. Was Wirtin Heidi Pichler in ihrer vier Quadratmeter kleinen Küche fabriziert, grenzt an ein Wunder: Schweinebraten, Kas- und Speckknödel mit Kraut, Eintöpfe, Brotzeitteller. Und die selbst gemachten Kuchen erst! Beim Anblick einer Schaumrolle werde ich schwach. Dazu gibt’s am Kachelofen warmen Pflaumenschnaps mit einer dicken Sahnehaube. Ab Weihnachten, erzählt mir Heidi, kann man sogar mit dem Pferdeschlitten zu ihr auf die Hütte fahren. Auch Skitourengänger kämen viele. Und während der Sommermonate brummt es ohnehin, weil an der Knappenstube die geführten Touren durch das Schaubergwerk beginnen.
Dass man in Leogang noch bis 1970 vom Bergbau und weniger vom Tourismus gelebt hat, dokumentiert eindrucksvoll das hiesige Bergbau- und Gotikmuseum im Ortsteil Hütten. Da es mittlerweile nieselt, bietet sich ein Besuch dorthin geradezu an. Das Herzstück des Museums bilden zahlreiche mittelalterliche Exponate von Bergbauheiligen- und Marienfiguren. Die kunsthistorisch wertvollen Stücke haben in den letzten Jahren ein großes Fachpublikum angezogen und das kleine Museum weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt gemacht. Außerdem erfahre ich hier Kurioses. Nach dem ältesten noch gültigen europäischen Staatsvertrag, der so genannten Salinenkonvention aus dem Jahr 1829, gehören unter anderem die Wälder Leogangs dem Freistaat Bayern! Für den Salzabbau im nahe gelegenen Bad Reichenhall wurde früher nämlich dringend Holz benötigt, welches hier geschlagen wurde. Im Gegenzug durfte das Land Salzburg auf bayerischem Grund am Dürnberg Salz abbauen. Und so kommt es, dass Leogang noch heute einen bayerischen und keinen einheimischen Förster hat.
Für den Abend habe ich ein Erlebnisbad gebucht. Instinktiv fahre ich im Bademantel mit dem Lift nach unten, bin aber völlig falsch. Die Wellnessabteilung findet sich nämlich auf dem Dach des Hotels. Entsprechend gigantischen ist Ausblick. Sogar in der Sauna schaut man über ein riesen Panoramafenster in die Berge.
Mein Bad jedoch übertrifft alles: Ich liege in einer beheizten Wanne im vierten Stock unter freiem Himmel. Es duftet nach Lavendel. Ein paar Kerzen hat man mir hingestellt und ein Gläschen Schampus. Ich bin dem Himmel nahe! Die Bergsspitzen versinken in der Dämmerung. In der Dunkelheit funkelt mir am Horizont nicht nur das Lichtermeer des Nachbarstädtchens Saalfelden, sondern auch ein illuminierter Fuchskopf entgegen. Nach dem Abendessen erfahre ich vom Seniorchef des Hauses, was es mit dem Fuchskopf auf sich hat. Die Lichtinstallation, eine Art Landschaftstätowierung geht auf einen einheimischen Architekten zurück, der damit an die Leoganger Sage vom Müllerfuchs erinnern will.
Über Nacht hat es die Berggipfel mit Schnee bepudert. Im zarten Sonnenlicht sieht die Landschaft noch schöner aus. Eine allerletzte Wanderung bringt mich über die Maureralm, den Riedlgang und einen kurzen, einfachen, gut versicherten Klettersteig zum Riedlspitz. Herbst und Winter scheinen sich heute hier die Hand zu geben. Schnee liegt in der Luft. Ich treffe zwei Wanderer, die – wie ich – ganz traurig sind, weil sie zu Ende geht, die Bergsaison. Bevor ich Leogang jedoch verlasse, kehre ich noch beim Hüttwirt ein. Diese Adresse wurde mir mehrfach empfohlen. Zu Recht. Die jungen Wirtsleute Anja und Rene führen den Traditionsgasthof, der über 13 Zimmer verfügt, mit sehr viel Liebe und Engagement. Sie draußen im Service, bei den Gästen. Er als Chef in der Küche. Nach einer köstlichen Käsesuppe, einem Backhendl mit Salat und einem Blaubeerschmarrn setze ich mich ins Auto und weiß, dass ich bald wieder hier sein werde. Zum Skifahren oder Tourengehen. Auf Wiedersehen Leogang, bis bald, im Schnee!
Wandertipp 1
Birnachloch (1.250 m), leicht
Gehzeit Aufstieg: 1 Stunde; 462 Hm; Abstieg: 45 Minuten, 463 Hm
Ausgangsort: Ortsteil Ullach, Wanderparkplatz Passauerhütte/Birnhorn
Route Der Weg führt anfangs über steile Wiesen. Ab der Weggabelung Birnbachloch/ Passauer Hütte führt der Weg links durch einen kleinen Wald. Im Anschluss über felsiges, leichtes Gelände und eine Brücke in Serpentinen zum Birnbachlochloch.
Wandertipp 2
Spielbergalmen (1400 m), leicht
Gehzeit Aufstieg: 1,5 Stunden, 366 Hm, Abstieg: 1 Stunde, 366 Hm
Ausgangsort Knappenstube (1044 m), Ortsteil Schwarzleo.
Route Ab der Knappenstube der Beschilderung zum Schaubergwerk folgen. Am Schwarzbach entlang auf einem sanft ansteigenden Forstweg weiter Richtung Lindlalm/Spielberg. Nach einer Bachüberquerung geht es anfangs etwas steiler durch eine kleine Waldpassage und abschließend über Almwiesen zur Lindlalm. Sommerbetrieb Ende Mai bis Ende September. Abstieg über die Adamalm zur Knappenstube.
Knappenstube: Telefon +43-664/33 75 852
Wandertipp 3
Riedlspitz (1.480 m), mittel
Gehzeit Aufstieg: 2,5 h, 680 Hm, Abstieg: 1,5 h
Ausgangsort Hütten
Route Ab dem Maurerbauern über einen Forstweg auf die Maureralm und weiter auf einem guten Steig zur Maurerkopfachhütte (1425 m), schließlich über den „Riedlgang“ zum Riedlspitz. Davon die letzten Meter in mäßig ausgesetztem Felsgelände, welches gut drahtseilversichert ist. Abzuraten nach Regen oder Schneefall.
Info
Leogang, Salzburger Land, Österreich
saalfelden-leogang.com
Touristeninfo Telefon: +43- 6583 / 8234
Anreise ab München: 150 km, A 8 Richtung Salzburg, Inntalautobahn bis Abfahrt Kufstein Süd (keine Vignette nötig!) weiter Richtung St. Johann, Fieberbrunn, Hochfilzen, Leogang
Hotels und Gasthöfe
Naturhotel Forsthofalm
Hütten 37
A-5771 Leogang
Telefon: +43 (0)6583/8545
forsthofalm.com
Gasthof Hüttwirt
huettwirt.com
Der Krallerhof
krallerhof.com
Hotel Kirchenwirt
hotelkirchenwirt.at
Bergdorf Priesteregg
priesteregg.at
Bergbahnen Leogang
leoganger-bergbahnen.at
Bergbau- und Gotikmuseum Leogang
museum-leogang.at