Tiefschnee ist ihr Leben
Also überall, nur nicht auf gut präparierten Pisten. Off-Piste eben. Durch enge Couloirs, also Rinnen, oder in unwegsamem Felsgelände. Im Tiefschnee, windgepressten Bruchharsch, Firn oder aufgeweichten Sulz. Je steiler der Hang, umso besser. Natürlichen Hindernissen, wie Felsvorsprüngen, weicht sie dabei nicht aus. Im Gegenteil, sie ist magisch davon angezogen, um sie im vollen Speed zu überspringen, was in ihrer Sprache Cliffdrop heißt. Mutig ist sie. Aber zugleich vorsichtig: „Freilich habe ich großen Respekt vor Lawinen“ sagt die 27-jährige BWL-Studentin aus Kiefersfelden, die zu den besten Freeriderinnen der Welt gehört. „Ich bin daher sehr vorsichtig und immer mit ABS Rucksack im Gelände unterwegs.“
Als Kind und Jugendliche ist Pia erfolgreich Skirennen gefahren. Auf Dauer allerdings war das nicht ihr Ding. Auch im Ski Cross, wo sie es rasch in die Nationalmannschaft schaffte, hielt es sie nicht lange: „Freeride, das ist meine Disziplin. Ich liebe an meinem Sport die Freiheit. Ich kann zwischen Start und Ziel meine Line selbst wählen, bin weder durch Tore beschränkt noch muss ich auf Zeit fahren.“ Wobei: Regeln bzw. Bewertungsmaßstäbe gibt es trotzdem. Judges, also Juroren bewerten jeden Run nach Linienwahl, Flüssigkeit, Schwierigkeit der eingebauten Tricks und Qualität der Sprünge.
Als sie vor etlichen Jahren in Røldal/Norwegen zum ersten Mal bei einem Wettkampf antrat, landete sie gleich einen Sieg. Über die Jahre hat sich Pia innerhalb der Weltspitze etabliert und fährt in dieser Saison zum zweiten Mal die Freeride World Tour (FWT), eine Art Weltcup mit, bei dem die weltbesten Freerider an den Start gehen. Die einen auf Ski, die anderen auf dem Snowboard. In unterschiedlichen Klassen versteht sich.
Drei von fünf Contests sind bei den Ski-Damen bereits gelaufen: In Revelstoke (Kanada) belegte Pia Platz 3, in Chamonix (Frankreich) Platz 5. Am vergangenen Wochenende musste sie den Wettbewerb in Røldal (Norwegen) schweren Herzens nach einem Trainingssturz zu Hause absagen und rutschte in der Gesamtwertung dadurch auf Platz 8:„Mit einer leichten Gehirnerschütterung machte es keinen Sinn anzutreten. Ich war vom Kopf her nicht frei.
Nun ist aber die Schonzeit vorbei und ich konzentriere mich voll auf den nächsten Event in Fieberbrunn.“ Die Chancen, sich dort für den Abschlusscontest in Verbier (Schweiz) zu qualifizieren, zu dem die Top 5 der Gesamtwertung zugelassen sind, stehen nach wie vor ganz gut, denn ein Streichergebnis steht jeder Fahrerin zu. „Ich muss in Fieberbrunn einfach alles geben, denn ich will unbedingt nach Verbier, an die Schulter des steilen, felsdurchsetzten Bec des Rosses, dem wohl spektakulärsten Face auf der ganzen Tour.“
Neben Pia Widmesser sind in Fieberbrunn bei den Männern mit Tom Leitner aus Traunstein und Christian Reichenberger aus Piding zwei weitere Bayern am Start. Von 10. bis 16. März dreht sich im Tiroler 4.500 Seelendorf alles um die Cracks der Powderszene. „Fieberbrunn ist ein besonders toller Tourstopp, für uns Athleten, aber auch für die zahlreichen Zuschauer. Der ganze Ort steht hinter dieser Veranstaltung, es ist alles bestens organisiert“ schwärmt Pia und verspricht „Hinfahren lohnt sich! Spaß und Party garantiert.“