Weihnachten meets Frühling
Donnerstag
Am Brennerpass schneit es um 15 Uhr. Schnapsidee, jetzt nach Südtirol zu fahren! Ich bin kurz davor zu nölen und beruhige mich erst als wir Bozen passieren und sich der Himmel lichtet. Ab Trient schließlich scheint die Sonne. Ich glaub’ es geht an den Gardasee! Am Nordufer angekommen staune ich in Riva nicht schlecht, als wir vor dem mächtigen Tor einer Parkanlage halten. Nach ein paar Worten durch die Gegensprechanlage öffnet sich Sesam. Dann bin ich sprachlos. „Lido Palace 1899“ heißt mich ein Schild willkommen. Am Eingang zum Hotel werde ich nervös und stinkig. Meine Garderobe ist nicht fein genug!
In Trekkingschuhen, Jeans und Pulli stehe ich in einem der Leading Hotels of the World! Überraschung gelungen! Dirk findet das lustig. Ich überhaupt nicht. Die charmante Dame an der Rezeption ahnt meinen Zustand und beruhigt: „Sport und Gardasee gehören zusammen. Ob in Highheels oder Kletterschuhen – herzlich willkommen in Riva! Willkommen im Lido Palace!“
Freitag
Wie sehr ich das wunderschöne Ambiente jetzt genießen kann! Das Hotel, ein über 100 Jahre altes Jugendstilgebäude ist mit modernen Glas-, Stahl- und Kupferanbauten ergänzt. Der 1500 Quadratmeter große Spa ist superedel und luxuriös, kommt aber trotz Design sehr warm und freundlich bei mir an. Innen- Außenpool, diverse Behandlungs- und Ruheräume. Am frühen Abend werde ich das alles testen! Gestern beim Abendessen kam Küchenchef Guiseppe Sestito höchstpersönlich an unseren Tisch. Lange haben wir uns über seinen mediterran-alpinen Küchenstil unterhalten, seine Ambitionen, das Restaurant vielleicht mit einem Stern zu krönen. Und über Wanderungen, die er zum Ausgleich regelmäßig an freien Tagen unternimmt. Einen Wanderklassiker in Riva hat er uns empfohlen, den wir heute zu einer Bergtour erweitern wollen.
Wir starten mitten in der Stadt, die man in ein paar Minuten zu Fuß vom Hotel aus erreichen kann, trinken einen Cappuccino auf der Piazza 3 Novembre ehe wir uns an der Gardesana Occidentale auf dem Weg erst über eine schmale Straße vorbei an wunderschönen alten Villen, später auf einem gepflasterten Weg nach oben schrauben. Nach gut 15 Minuten erreichen wir die weiß getünchte Ruine der Bastion von Riva, von der aus man bereits einen tollen Blick auf die gut 200 Meter tiefer liegende Stadt hat. Ab jetzt wird es steiler und noch viel schöner. Die Kapelle Santa Barbara ist unser nächses Ziel. Die Capanna Santa Barbara, eine Berghütte, hat sogar geöffnet. Die meisten wählen ab hier den angesagten Klettersteig „Via dell Amicizia“, der am Cima SAT auf 1246 Meter endet. Wir entscheiden uns kurzfristig dagegen. Der Grund: Das atemberaubende Panorama hoch über den Gardasee. Im Klettersteig wendet man ihm schlicht den Rücken zu. Daher folgen wir einem alpinen Rundweg, der uns immerhin auf 1207 Meter Höhe bringt. Es ist sagenhaft hier oben: Anfang Dezember. Frühlingshafte Temperaturen. Tief unter uns der Gardasee. In sattem Blau. Die Sonne strahlt. Was für ein Geschenk. Happy Birthday, Dirk!
Samstag
Am Morgen meines Geburtstages kann ich es mir nicht verkneifen schnell im Internet auf die Webcam am Münchner Marienplatz zu schauen. Grau in Grau. Und hier? Vorhang auf: Strahlemann und Söhne! Ich bin total happy. Das superedle Hotel ist freilich das Sahnehäubchen auf meinem Geburtstagskuchen, aber der eigentliche Luxus ist etwas anderes. Das Wetter. Die Sonne. Hier zu sein. Frei zu haben. Ein Jammer, dass wir die Bikes nicht dabei haben! Wobei, die Via Ponale abzuwandern hat auch was. Außerdem ist das selten möglich. Im Frühjahr und Sommer wimmelt es nämlich auf der knapp 12 Kilometer langen Strecke zwischen Riva und Molina di Ledro von Mountainbikern, die den historischen Panoramaweg für sich entdeckt und gewissermaßen auch vereinnahmt haben. Heute begegnen wir auf unserem dreistündigen Marsch exakt fünf Radfahrern und drei Wanderern. Ich bin dankbar für jeden Schritt, den ich hier machen darf. Diese Ausblicke! Diese Ruhe hier! Wir sind still und reden wenig. Da wir auf 12 Kilometern nur 600 Höhenmeter überwinden, am Nachmittag nach Arco fahren wollen, sind wir stramm unterwegs. Ich mag schnelles Gehen in leichtem Gelände. Es hat nichts mit Sich-Hetzen zu tun. Es bringt mich in einen Rhythmus, bei dem ich total abschalte, mich immer stärker fühle, obwohl ich Energie verbrauche. Wohl eine Art „Walking-Flow“ ☺ Ein himmlischer Zustand für einen Geburtstag!
Nachmittags in Arco bremse ich mich selbst. Die Kletterschuhe bleiben im Auto. Schluss mit Rund-um-die-Uhr-aktiv-sein-müssen! Ich will mich treiben lassen, Kaffee und vielleicht Prosecco trinken, mir Arco anschauen, das sich im Dezember vergleichsweise beschaulich präsentiert. Wobei lebendig geht’s hier immer zu. Aber in den Cafes findet man Platz, kann in Ruhe die vielen Kletterbilder auf sich wirken lassen, die an den Wänden hängen und die sportiven Menschen beobachten, die sich am Weihnachtsmarkt tummeln. Manche kommen direkt von einer Mountainbiketour und trinken Glühwein. Den Fahrradhelm noch auf dem Kopf, den Rucksack auf dem Rücken. Auch viele Kletterer sind da. Das sieht man an den Outfits und hört man in den Gesprächen. In der Dämmerung laufen wir zur Burgruine hoch. Beinahe vor jeder Haustür steht eine Weihnachtskrippe auf dem Boden. Selbst gebastelt. In der Summe ergibt das eine stattliche Krippenausstellung mit ca. 50 Exponaten. Langsam wird es dunkel in Arco und damit ruhig. Mich erfasst Weihnachtsstimmung wie sonst nur im Schnee. In einem kleinen Restaurant bestellen wir Carne Salada, ein Traditionsgericht der Region. Ich bin selig.
Sonntag Regen. Nebel. Das passt zur Abschiedsstimmung, schafft allerdings auch Zeit, die Wellnessabteilung des Hotels in aller Ruhe zu genießen. Sauna, Tiefschlaf auf einem Wasserbett im Entspannungsraum mit Salzwand, im Außenpool schwimmen, wieder in die Sauna, noch einmal richtig aufheizen ehe es zurück nach München geht.
Am Brenner oben schneit’s noch immer.
Tourentipp 1
Lange alpine Rundtour, teilweise drahtseilversichert, mit ein paar eingebauten Leitern, die jedoch ohne Klettersteigset bedenkenlos zu begehen sind.
Route: Riva del Garda, Bastion, Kapelle Santa Barbara, Bochet dei Concoli, Bocca Pasumier, Bocca d’Enzima, Belvedere della Grola, Riva del Garda.
Aufstieg: ab Hotel Lido Palace (70 m) bis zur Ruine der Bastion (200 m) ca. 30 Minuten, 130 Hm; Weiter zur Kapelle Santa Barbara bzw. Capanna Santa Barbara ( 625 m) ca. 1 Stunde, weitere 450 Hm; zum Bochet dei Concoli (1207 m), 1 Stunde 15, 582 Hm;
Aufstieg gesamt: 2 Stunden 45 Minuten, 1137 Hm;
Abstieg: Bochet dei Concoli (1207 m) zum Bocca Pasumier (980 m) ca. 20 Minuten, 227 Hm; weiter zum Bocca d’Enzima (864 m), 40 Minuten, 116 Hm; weitere 30 Minuten, 294 Hm zum Belvedere della Grola (570 m). Von dort in 45 Minuten, 500 Hm nach Riva del Garda (70 m);
Abstieg gesamt: 2 Stunden 15 Minuten, 1137 Hm;
Reine Gehzeit Auf- und Abstieg 5 - 6 Stunden. Bis auf Capanna Santa Barbara (unregelmäßig im Nov/Dez geöffnet!) keine Einkehrmöglichkeit, kein Wasser.
Alternativ: Ab Kapelle Santa Barbara Beschilderung „Via dell Amicizia“ folgen. Dieser Klettersteig endet am Cima SAT auf 1246 Meter. Schwierigkeit: C; Dauer Klettersteig: 2 Stunden; Zustieg: 1,5 Stunden.
Tourentipp 2
Leichte Traumwanderung bzw. Mountainbiketour
Von Riva del Garda über die Via Ponale ins Ledrotal
Route: Riva, Biasesca, Pre, Legos, Molina di Ledro
Ausgangspunkt: Riva del Garda (Zentrum),
Wegweiser: D 01, Via del Ponale nach Ledro
Weglänge: ca. 12 km; Rückkehr mit Linienbus über die Schnellstraße möglich. Gehzeit: 3 Stunden, 665 Hm;
Info
Lido Palace Luxury Spa Hotel
Viale Carducci, 10
I -38066 Riva del Garda
Telefon +39 0464 021899
Email: info@lido-palace.it
lido-palace.it/de
Die beiden Restaurants „Tremani Bistro“ und das Gourmetrestaurant „Il Re della Busa“ sind von Mittwoch bis Samstag auch für externe Gäste geöffnet.
Anreise: ab München 381 km, 3 Stunden 40 Minuten
München – Innsbruck - Brennerautobahn (A22) – Bozen – Trient - Abfahrt Rovereto Süd – Riva del Garda
Weitere Unterkünfte in Riva, Torbole und Arco
agriturismo.it/de/bauernhof/garda_see
visitgarda.com/de/gardasee