Sommer in Kitzbühl

Wer Kitzbühel abseits des Pisten- und Promitrubels erleben möchte, besucht die Stadt, die man gerne als den reichsten und schönsten Vorort Münchens bezeichnet, am besten im Sommer. Johanna Stöckl hat für uns ein paar Wanderangebote getestet.

Wanderführerin Susi ist ein echtes Kitzbühel-Original. Am Fuße der Streif, jener legendären Piste, über die sich die weltbesten Abfahrtsläufer beim jährlichen Hahnenkammrennen tollkühn auf ihren Skiern herunterstürzen, ist sie geboren und aufgewachsen. Auch heute wohnt sie dort noch in einem schmucken Häuschen direkt neben ihren Eltern. Mit einem flotten „Servus miteinander, dann pack’ mas“, begrüßt sie die sportlich gekleidete Touristengruppe zur Themenwanderung „Streif live“ und betritt die rote Gondel der Hahnenkammbahn, auf der sich der Schweizer Didier Cuche ein Denkmal gesetzt hat.

Mit insgesamt sechs Siegen in Kitzbühel hat er sich die Gondel, die ihm gewidmet ist, mehr als jeder andere verdient. Auf der Fahrt zur Bergstation beginnt die Reise in die Historie des legendären Hahnenkammrennens. Große Namen wie Hermann Maier, Kristian Ghedina und Franz Klammer tauchen im Nebel auf roten Gondeln auf. Besonders lebhaft reagiert die Wandergruppe, die ganz offensichtlich aus Deutschland ist, als die Namen Christian Neureuther, Armin Bittner und Sepp Ferstl zu lesen sind. „Und wo ist die Gondel vom Felix?“, fragt Brigitte aus München und Susi erklärt: „Felix Neureuther, ganz richtig, hat hier 2010 den Slalom gewonnen. Natürlich bekommt er, wie sein Vater, eine Gondel“.

An der Bergstation angekommen beginnt der eigentliche Streif-Zug im legendären Starthaus auf 1670 Metern. An den Wänden in seinem Innenraum sind besondere Momente dokumentiert. „Ich gratuliere allen, die hier heruntergefahren sind. Ich glaube wir spinnen“, wird Didier Cuche in großen Lettern zitiert. Der Blick hinunter in die berühmte Mausefalle ist sogar im Sommer furchteinflößend. Auf der zweistündigen leichten Wanderung über die original Rennstrecke hinab, passiert man die Schlüsselstellen:

Mausefalle, Steilhang, Seidlalm und Hausbergkante ehe man nach insgesamt 800 Höhenmetern den Zielschuss erreicht. Susi, die alle Fakten zum Rennen und ein paar amüsante Insiderstories auf Lager hat, vermittelt auf der Wanderung Weltcupfeeling pur. An vier markanten Positionen sind zusätzlich LCD Portale, also große Bildschirme aufgestellt, die spannende Fernsehbilder übertragen. Eingekehrt wird zur Halbzeit auf der legendären Seidlalm, jener zünftigen Hütte, auf der Ski- und Volksmusikstar Hansi Hinterseer seine Kindheit verbracht hat.

Abends im Viersterne Hotel Rasmushof erklärt Wirtin Signe Reisch den Erfolg des Wanderprogramms, das von den Bergbahnen Kitzbühel zur Umsatzsteigerung im Sommer entwickelt wurde:

„Konfektionierte Erlebnisse, wie die Streif-Wanderung kommen bei den Gästen gut an“, dabei grinst sie und fährt fort: „Der Gast von heute schließt sich lieber an, als sich individuell ein Programm zu stricken.“ Aber auch vom Preis her sind die Angebote attraktiv. Wer ein Ticket für eine Bergfahrt löst, bekommt die geführte Wanderung inklusive. Das Programm KitzMountain Guiding bietet dabei zehn unterschiedliche leichte Wanderrouten an. Die Führungen beginnen täglich um 9.30 Uhr am nicht zu übersehenden Treffpunkt an der jeweiligen Talstation der Bergbahnen.

Neuer Tag, altes Glück. Susi, wieder bester Laune, leitet tags darauf die so genannte Hornwanderung. Mit der Bergbahn geht’s auf das 2000 Meter hohe Kitzbüheler Horn, das mit seinem Sendemast am Gipfel einen weithin sichtbaren, markanten Punkt in den Kitzbüheler Alpen darstellt. Susi, die im Winter als Skilehrer und Tourenführer arbeitet, erzählt auf der Fahrt nach oben, dass man die sanften Familienabfahrten am Horn, im Gegensatz zu allen anderen Abfahrten im Skigebiet, im Winter bewusst nicht künstlich zusatzbeschneit. Man fahre also, was eine echte Rarität geworden sei, ausschließlich auf Naturschnee und ziehe damit besonders die Traditionalisten im Alpinsport an.
Eine ältere Dame fragt beim Tiefblick aus der Gondel, was es mit den Namen, die auf die Straße geschrieben sind, auf sich hätte. „Am 2. Juli führte eine Etappe der Österreich-Rundfahrt nach Kitzbühel. Die Bergetappe auf das Kitzbüheler Horn ist eine Königsetappe bei diesem Radrennen“, erklärt Susi ihrer Wandergruppe, die sich die knapp 1200 Höhenmeter entspannt nach oben gondeln lässt. Das Panorama auf dem Gipfel ist überwältigend. Der Wilde Kaiser mit seinen schroffen Gipfeln auf der einen Seite. Die Loferer- und Leoganger Steinberge und das Hochkönigmassiv runden mit den Hohen Tauern im Süden die imposante 360 Grad Kulisse ab. Bei guter Fernsicht könne man am Horizont sogar den Zugspitzgipfel sehen.

Die folgende Hornwanderung führt durch einen wunderschön angelegten Alpenblumengarten. In voller Blütenpracht: Eisenhut, Alpenmohn, Edelweiß, Enziane, Almrosen, Arnika, Türkenbund und Rittersporn. Eva und Toni Hofer, zwei weitgereiste Kitzbüheler, haben aus aller Herren Länder Bergpflanzen von ihren Touren mitgebracht und schließlich in Kooperation mit dem Botanischen Institut in Innsbruck hier einen Berggarten angelegt, der seinesgleichen sucht. Irene aus Rosenheim ist mit ihrem Sohn Stefan da. Beim Anblick einer blau blühenden chinesischen Glockenprimel sagt sie begeistert: „Ich sehe hier wunderschöne Bergblumen aus Tibet, aus dem Himalaya und aus China. Es ist als wäre ich ganz weit weg.“

Nach dem Ausflug in die weltweite Bergflora bewegt sich die Gruppe in Richtung Karstweg, einer im letzten Jahr angelegten Rundwanderstrecke, die Einblick in die geologische Vergangenheit gewährt. Auf lästige Themenschilder, die man alle paar Meter tunlichst lesen sollte und es ja dann doch nicht tut, hat man verzichtet. Dafür gibt es einen informativen Folder, den man nach der Wanderung in Ruhe studieren kann. Der Weg selbst ist hier das Erlebnis. Er führt auf schmalen Pfaden durch hügelige, sanfte Landschaft und lenkt durch geschickt positionierte Rastbänke den Blick automatisch auf die Schönheit der Natur. Der 4-jährige Stefan aus Rosenheim sagt irgendwann ganz aufgeregt zu seiner Mutter: „Hier wohnen Zwerge und Elfen. Meinst du wir sehen heute welche?“

Nichts für Langschläfer, aber ein Muss für jeden Bergromantiker ist das Horngipfelfrühstück, das von Juli bis September bei gutem Wetter jeden Sonntag zum Sonnenaufgang angeboten wird. Um 4.30 Uhr geht’s mit der Gondel auf den Gipfel, wo einen die Klänge der Weisenbläser und eine kurze Andacht des Kitzbüheler Stadtpfarres erwarten, bevor das große Naturschauspiel, der Sonnenaufgang in den Bergen, startet. Ein Vergnügen, das sonst nur ausgewiesenen Bergfexen vorbehalten ist, kann hier theoretisch jeder haben. Die Stimmung angesichts des roten Feuerballs, der sich langsam hinter den Leoganger Steinbergen erhebt, ist ergreifend andächtig. Sogar die Kinder schweigen. Erstaunlich viele Einheimische nutzen die Sonderfahrt der Bergbahn weiß Susi: „Auch heute sehe ich zahlreiche bekannte Gesichter. Der Sonnenaufgang auf unserem Hausberg ist nicht nur für Touristen, sondern auch für uns Einheimische ein Highlight.“ Beim anschließenden Frühstück im Horn Gipfelhaus geht es gesellig zu ehe man mit der Bahn wieder nach unten fährt oder zu Fuß ins Tal wandert.

Auch Angelica Wilk ist an diesem Tag aufs Horn gefahren. Die rührige Marketingdame der Bergbahn Kitzbühel AG stellt in Aussicht: „Nachdem wir im Winter in Kooperation mit Geldhauser Busreisen für Skifahrer aus München sehr erfolgreich einen täglichen KitzSki-X-Press etabliert haben, der unsere Münchner Gäste ab der Hackerbrücke nach Kitzbühel shuttelt, denken wir bereits darüber nach für nächsten Sommer einen derartigen Shuttleservice auch für die Wanderer aus München am Wochenende einzurichten. Die Münchener nehmen unser Wanderprogramm sehr dankbar an“, sagt’s lehnt sich zurück und schaut noch einmal selig in milde Morgensonne.

KITZ INFO

Bergbahnen Kitzbühel / KitzMountain Guiding
bergbahn-kitzbuehel.at
Infohotline: +43- 5356 – 6951 215
Smartphone: mobile-bergbahn-kitzbuehel.at

KITZ KULINARISCH

Hotel Rasmushof
Hermann Reisch Weg 15, A-6370 Kitzbühel
rasmushof.at
Tel: +43 (0) 5356/ 65252-0
office@rasmushof.at

Bei Schönwetter jeden Samstag Barbecue auf der Terrasse mit wunderschönem Blick Richtung Hahnenkamm. Signe Reischs Weinkeller ist der größte Kitzbühels, das Herzstück des Hotels und der ganze Stolz der Wirtin.

Berggasthof Hagstein, 1029 m
Hagsteinweg 95, A-6370 Kitzbühel
+43-5356 65216
gasthof-hagstein.at

Zu Fuß ab der Mittelstation Kitzbüheler Horn in 30 bis 40 Minuten über die Adlerhütte oder mit dem Auto über den Hagsteinweg zu erreichen. Hausherr und Küchenchef Franz Zehentner setzt auf regionale Produkte in seinem wunderschönen Traditionsgasthof mit gehobener ländlichen Küche.

Seidlalm, 1206 m
Ried/Ecking, direkt an der Streif
+43-5356-63135
seidlalm.at

Familie Hechenberger verwöhnt Wanderer mit Brotzeittellern und frisch zubereiteten Gerichten wie Brennnesselsuppe, Kapressknödel auf Salat oder Seidlalm Schwammerlgulasch.

Restaurant Barrique
Am See 4, A-6370 Kitzbühel
+43-5356 62658
restaurant-barrique.at

Zauberhaft am Schwarzsee gelegen kann man auf der Terrasse italienische Speisen und eine große Auswahl an Steinofenpizza oder auch einfach nur einen Sundowner genießen.

KITZ BADEGEHEIMTIPP

Gieringer Weiher Waldbad
Ried Bichlbach 33
A-6370 Kitzbühel
Tel.: +43 5356 63955

Nicht nur im idyllischen Schwarzsee kann man in Kitzbühel baden. Das Gieringer Weiher Waldbad ist ein zauberhafter naturbelassener Moorsee inmitten des Wanderparadieses Bichlach.